Sebastian Rieschel – Interview über BI und Online Marketing

Header 5 Fragen an den Gründer - Sebastian Rieschel

1. Kannst du Applicata in drei Sätzen beschreiben?

Applicata ist ein cloudbasiertes Datawarehouse, spezialisiert auf Marketing Controlling. Wir bieten nicht nur Technologie Unterstützung sondern auch Service und Beratung. Dabei arbeiten wir sehr eng mit dem Kunden auf Augenhöhe zusammen.


„Wir bauen eine Lösung, mit der wir sämtliche Daten unterschiedlicher Quellen für die Analyse kombinieren können.“

2. Wie bist du auf die Idee gekommen Applicata zu gründen?

Ich habe meine Karriere in Digitalunternehmen verbracht. Vor 15 Jahren habe ich bei Jamba im Versicherungsgeschäft gearbeitet. Wir versuchten unsere Erfolgskennzahlen messbar zu machen, weil wir unsere Effizienz steigern wollten. Dort habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Entwicklung  guter IT-Systeme dabei helfen kann.  Damals ging es um Kennzahlen wie Durchlaufzeiten und Regulierungsraten.

Bei Smava standen wir vor der Herausforderung ein B-to-C Produkt, nämlich Kredite, breit zu vermarkten, wobei das Produkt selbst einen vielstufigen  Konversionstrichter hatte. Unser Hauptziel bestand darin, Stückkostenprofitabilität zu erreichen. Dazu benötigten wir bei der Messung Daten aus verschiedenen Quellen: Marketingsysteme, unser online analytics Tool und unsere eigene CRM-Datenbank. Hierbei entstand der erste Vorläufer Applicatas, eine selbst entwickelte Lösung, mit der wir diese Daten für die Analyse kombinieren konnten. Viele Prozesse waren dabei noch manuell und fehleranfälllig.

Mit diesen gesammelten Erfahrungen habe ich dann zunächst andere Startups (Digital Performance, Groupon, Unimall) beim Aufbau ihrer BI-Landschaft beraten, bevor ich sie bei Project A als Head of BI einbrachte. Hier verfolgten wir bereits den Ansatz alle Portfoliounternehmen mit einem zentral entwickelten Technologiestack auszustatten. Dies sollte ihnen langwierige Lernkurven ersparen und sie mit Best-of-Breed Software versorgen, damit sie sich auf ihr Business konzentrieren konnten. Der nächste logische Schritt für mich war dann, mein Wissen  in ein eigenes Business zu wandeln. Applicata wurde geboren.


„Die unternehmensweite Verwendung von klaren Richtlinien für das Tracking ist unerlässlich.“

3. Was sind deiner Erfahrung nach die häufigsten Fehler, die in im Online Marketing begangen werden?

  1. Keine kanalübergreifenden Performanceziele zu setzen und zu messen. Wenn SEM nach CPC optimiert wird und Affilliate nach CPL, den CEO aber am Ende eigentlich CPO interessiert, entsteht keine teamübergreifende Erfolgskultur.
  2. Zu geringe Experimentierfreudigkeit mit neuen Kanälen und dadurch zu hohe Abhängigkeit von wenigen Kanälen, in der Regel Google. Dadurch kann auch die Skalierungsfähigkeit im Marketing beeinträchtigt sein.
  3. Kein einheitliches Kampagnenbaum- und Trackingkonzept über alle Kanäle und Märkte. Oft wird die Verwendung von Trackingtags den Abteilungen überlassen, wodurch bei einer späteren Analyse der Kampagnenperformance sich entweder kein einheitliches Bild mehr herstellen lässt, oder nur mit sehr großem Aufwand. Dies kann vermieden werden durch die unternehmensweite Verwendung von klaren Richtlinien für das Tracking.
  4. Keine Betrachtung des Kundenlebenszyklus. Oft wird bei der optimierung nur der Akquisitionswert betrachtet, weil es entweder zu aufwendig oder technisch unmöglich ist alle interaktionen mit dem Kunden einzubeziehen. Dies führt aber in der Regel zu einer Unterbewertung des Kundenwertes und damit zu einer Limitierung des Wachstumspotentials durch zu knapp bemessene Ziele der Akquiesekosten.
  5. Keine an die Unternehmensphase angepasste Budgetierung von Technologiekosten. Man muss sich die Frage stellen, welche Trackingtools benötigt werden und welcher Grad an Automatisierung angemessen ist. Diese Frage sollte sich an der Größe und Komplexität orientieren. Es ist wenig sinnvoll eine Bitmanagementsoftware einzusetzen, wenn mein einziger Zielmarkt Deutschland ist und nur eine Handvoll Keywords beworben werden. Genauso ist es nicht angemessen immer noch Excelsheeds zu verwenden, wenn ich ein zehnköpfiges Marketingteam habe und zehntausende Werbemittel in fünf Ländern auf zehn Domains optimiere. Interner know-how Aufbau und permanentes Screening des Anbietermarktes für Technologie sollten beim Unternehmensaufbau immer eine Rolle spielen.

„Nachhaltiges Wachstum setzt voraus, dass datengetriebene Entscheidungen genauso verlässlich und hochwertig sind, wie das eigene Produkt.“

4. Worauf sollte ein Start-Up achten, wenn es sich ernsthaft mit Business Intelligence beschäftigen will?

Zunächst müssen ausreichend Personalressourcen vorhanden sein. Business Intelligence sollte nicht ausschließlich einem Praktikanten überlassen werden. Ausserdem ist das Topmanagement Commitment ausschlaggebend für den Erfolg einer datengetriebenen Kultur.

Durch Marktscreening und Anbietervergleiche kann man den passenden Anbieter für die benötigte Technologie und das verfügbare Budget finden.

Möchte man eine eigene Lösung bauen, sollte man immer darauf achten die Vollkosten anzusetzen. Das bedeutet nicht nur Technologiekosten, sondern auch Personalkosten, Lernkosten und Recruitingkosten. Man sollte aber beachten, dass eine nicht ganz perfekte Lösung, die sofort verfügbar ist, wertvoller sein kann, als die perfekte Lösung in einem Jahr.

Allgemein gesagt ist Business Intelligence keine zweite Klasse IT, wo man sich mit Behelfslösungen und semiautomatischen Prozessen zufrieden geben sollte. Nachhaltiges Wachstum setzt voraus, dass datengetriebene Entscheidungen genauso verlässlich und hochwertig sind, wie das eigene Produkt. Es sollte also einen hohen Anspruch an Automatisierbarkeit und Verlässlichkeit geben.


5. Wie sieht für dich der optimale, freie Tag aus?

Dieser Tag hätte mindestens 60 Stunden, von denen ich einen Großteil mit meiner Familie, gutem Essen und Basketball spielen verbringen würde. Dann müsste aber noch jede menge Zeit für Computerspiele und das Basteln unzähliger Softwareideen bleiben, die noch in meinem Kopf herum geistern. Das wäre ein perfekter Tag!